Kami, Glücksgottheiten, andere Wesen, Traditionen und Religion
6077
0
0
Phönixfeder
Schillernde Federn gleiten sanft vom HImmel herab. Wie Herbstlaub trägt der Wind das glitzernde Paar in den Garten, wo sie auf dem ersten Schnee zur Ruhe kommen. Kaum haben die Federn den Schnee berührt, beginnt dieser langsam zu schmelzen. Neugierig nähern sich zwei Pfauen dem sanften Licht. Und während der Schnee schmilzt, das Gras wieder grünt und einige Blumen zu sprießen beginnen, kommt ein Gärtner vorbei. Zuerst ist er erstaunt über das Spektakel vor seinen Augen. Glaubt zu träumen. Doch als der Mann versucht eine der Federn zu berühren, hakt einer der Pfauen nach der menschlichen Hand und ein Schmerzenslaut erschallt im Garten. Wütend versucht der Mann die beiden Tiere zu vertreiben, doch scheinen diese entschlossen zu sein, die wunderbaren Federn zu schützen.
Erst der sanfte Klang der ruhigen Stimme des Herren des Hauses lässt den Kampf zu einem Ende kommen. Entschuldigend versucht der Gärtner zu erklären was geschah und ungeduldig wird der Dienstbote hinfort gesandt. Die Pfauen kommen zur Ruhe, sobald der Gärtner sich entfernt hat und machen Platz für den Freund des Wassers.
Niinamesai 3
Aufbruch aus Hisago Mura
Orange, gelbe und rote Blätter fallen langsam von den Bäumen herab. Einige werden vom sanften Wind noch ein Stück getragen, bevor sie am Boden ihren Platz gefunden haben.
Ping zieht einen kleinen Wagen mit den besten Früchten der Ernte hinter sich her. Dieses Jahr wurde er vom Dorfältesten ausgewählt um als Tsukai die Opfergaben in die Hauptstadt zu bringen. Letztes Jahr fiel die Wahl des Anführers auf Shin. Ping war froh zweimal in Folge zur Hauptstadt reisen zu dürfen. Dieses Jahr war schwer für Hisago Mura, denn viele der Eltern und Großeltern im Dorf sind dem Fieber erlegen und so mussten die jungen Dorfbewohner nicht nur die Pflege der Felder übernehmen, sondern auch die Pflege der Familie. Ping war noch letztes Jahr bereits in der Hauptstadt gewesen. Die anderen jungen Männer - Jiayi, Aki, Gen und Qi - sehen Rimachi zum ersten Mal.
Um die verstorbenen zu Ehren und ihre Trauer zu zeigen, hatten alle ihre einfachste und schlichteste Kleidung für die Reise nach Rimachi ausgewählt und trugen ein Stirnband aus einem schwarzen und einem weißen Tuch, welche ineinander verschlungen waren. Auch trug jeder der jungen Männer eines der gesegneten Tücher vor Nase und Mund um sich vor dem neuen Fieber zu schützen. Der Weg führt auf eine breite Straße, hier sind auch mehr Leute unterwegs als auf dem kleinen Weg zuvor. Bauern mit den Früchten der Felder Ribens sind am Weg in die Stadt. Ping hat das Gefühl, dass es mehr Besucher sind als letztes Jahr. Samurai, einzeln oder in kleinen Gruppen, betreten oder verlassen Rimachi. Eine Gruppe Miko wird von Ronin begleitet. Die Mitglieder des Klerus trugen Körbe mit Kräutern und anderen Dingen auf den Rücken und brachen wohl zu den Umliegenden Dörfern auf. Ping bemerkte wie seine Freunde aus Hisago Mura sich plötzlich klein und unbedeutend zu fühlen schienen. Ihm war es im Jahr zuvor nicht anders ergangen. Ruhig führte er die kleine Gruppe die Straße entlang weiter und achtete darauf, dass alle Abstand zu Fremden hielten. Denn das war es, was Mönch Shan ihnen gesagt hatte.
Ankunft in Rimachi
Ping und die anderen, werden wie alle welche die Stadt betreten wollen, von einer Gruppe Yoriki angehalten.
“Konnichiwa minna-san. Ihr kommt wegen Niinamesai?” “Hai, Yoriki-tachi.”, antwortet Ping und holt eine Schriftrolle hervor,” Hier sind die Reisepapiere.”
Einer der Yoriki prüft den Wagen, während ein anderer das Dokument kontrolliert. Aki beobachtet währenddessen, wie eine andere Gruppe Heimin mit Ernteopfergaben warten muss, bis einer der Trupps Yoriki sie einlässt. An anderer Stelle sieht der Junge aus dem Dorf wie ein Samurai nicht eingelassen wird, da err kein gesegnetes Tuch vor Nase und Mund trägt und das angebotene Tuch ablehnt. Irgendwas von wegen man könne ihn mit einem Samurai des Han der Sasori verwechseln, nimmt er als Vorwand. Aki schüttelt den Kopf. Erst als eine andere Samurai hinzu kommt, sie sieht aus wie eine Bugyo, gibt der erste Samurai nach und nimmt das angebotene gesegnete Tuch. Gemeinsam mit der Bugyo betritt er dann die Stadt und es kehrt wieder Ruhe ein. Wenige Augenblicke später bekommt Ping die Papiere zurück und die jungen Männer werden durchgewunken. Aki und die anderen aus seinem Dorf passieren das Stadttor. Und was sie nun, da sie in Rimachi angekommen sind, sehen verschlägt den vier jungen Männern, die zum ersten Mal in der Stadt sind, den Atem. Ping fragt sich ob er letztes Jahr auch so ausgesehen hatte. Während ihre Häuser in Hisago Mura aus Holz und Lehm sind, sind die Häuser hier aus Stein und Holz. Die Dächer der Heimin Häuser eher schlicht in weiß und braun und kaum dekoriert, doch näher im Zentrum sind die Häuser der Samurai, welche die Tiere der Familien zeigen und einige der Häuser haben keine weißen Wände, sondern sind in den Farben der Han gehalten. Die Gruppe junger Dörfler folgt Ping auf der Hauptstraße in die Richtung des Tempelbezirks, welcher den Palast des Ou-Daimyou umgibt. Im Vergleich zum Vorjahr sind etwas mehr Personen auf den Straßen unterwegs. Viele achten darauf Abstand zu den anderen zu halten und alle tragen Tücher vor Nase und Mund, doch man merkt, dass viele schon denken das Fieber sei überstanden. Aki und Jiayi beginnen allmählich entspannt zu plaudern. Während Gen und Qi neugierig die ungewohnte Umgebung betrachten. Ping geht wachsamen Auges mit dem Wagen voran.
Eintreffen am Tempel Ri-Fukujin
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen die jungen Heimin das Gelände des Haupttempels in Rimachi. Es dauert nicht lange bis eine Frau in rotem Hakama und weißem Kimono mit gesegnetem Tuch vor Nase und Mund an die kleine Gruppe herantritt und fragt ob sie ihnen helfen kann.
“Hai, Miko-sama. Wir sind hier um unsere Opfergabe aus Hisago Mura für Niinamesai dem Klerus zu übergeben”, Ping deutet dabei auf den Wagen hinter ihm mit den Feldfrüchten seines Dorfes. “Ich verstehe. Dann folgt mir bitte”, mit diesen Worten dreht sich die Miko um und schreitet voran. Sie führt die Gruppe Weg vom Hauptgebäude des Ri-Fukujin. Kurze Zeit später stehen die jungen Bauern und die Miko vor einem unscheinbaren Gebäude ein wenig abseits von den Schreinen.
“Konnichiwa, Jizo Daru-san. Hisago Mura sendet seine Opfergaben für Niinamesai.” “Ah, arigato Miko Hinako-san.”
Die Miko verneigt sich kurz und verlässt die kleine Gruppe dann wieder um sich ihren Aufgaben zu widmen. Währenddessen begrüßt der Priester die Heimin und notiert sich welche Feldfrüchte das Dorf als Opfergabe ausgewählt hat. Jiayi, Aki, Gen und Qi wirken nervös, während sie darauf warten bis der Priester mit seiner Arbeit fertig ist. Ping hingegen beobachtet genau was der Priester tut. Sobald Jizo Daru alles notiert hat, macht er eine Geste und kurz darauf erscheint, wie aus dem Nichts, ein Novize aus dem Gebäude und bringt den Wagen mit den Früchten weg. Ping und die anderen folgen dem Novizen und helfen beim Ausladen der Früchte. Danach verabschiedet sich die Gruppe und bricht auf um die Heimreise nach Hisago Mura anzutreten.
Shinno hi-Kiku
Kaum waren die Prinzessin und der Prinz etwa fünf Jahre alt, begannen Diskussionen darüber wer denn geeignet wäre um an der Seite des Prinzen zu stehen und in Zukunft über Riben zu regieren und in welche Familie die Prinzessin einheiraten sollte.
„Als Tochter einer Verbindung zwischen einem Sohn des Hans des Kranichs und einer Tochter des Hans des Skorpions, sollte Eun-hime einen Kranich Samurai heiraten“, schlug der Daimyou der Tsuru vor. „Nein, Eun-hime sollte einen Sohn eines Han heiraten, das weder Kranich noch Skorpion ist“, schlug der Daimyou der Hou vor. „Ihr wollt also vorschlagen, die Prinzessin wird die Braut Eures Sohnes, Hou-daimyou?“, fragte der Daimyou der Tsuru. „Nun, es ist Euer Vorschlag, nicht meiner, Tsuru-dono.“ „Meine Herren, ich denke wir sollten die Prinzessin mit den möglichen Ehemännern bekannt machen. Jeder von uns sollte einen Sohn seiner Familie präsentieren und die Kinder sollten gemeinsam aufwachsen, bis sie alt genug sind um zu heiraten“, schlug der Daimyou der Ryu vor.
Während die anderen Daimyou weiter diskutierten, erschienen zwei hochgewachsene Gestalten in der Mitte des Thronsaals. Eine der beiden Gestalten trug einen Kimono aus purem Gold und die zweite Gestalt trug einen Kimono purem Silber. Beide hatten neun Fuchsschwänze, welche in allen Farben des Lichts schimmerten, langes schillerndes Haar welches offen über die Schultern fiel und zwei große Fuchsohren am Kopf in demselben schimmernden Fell wie auch die Schweife. Die beiden Kitsune verkündeten, dass die Prinzessin auserwählt wurde und als oberste Priesterin Ribens den Namen der Familie Kiku nicht ablegen darf.
„Es ist der Wunsch des Himmels, dass Eun-hime die erste Shinno hi-Kiku wird. Ihre Pflicht wird es sein die Wünsche des Himmels zu verkünden. Die Tempel und Schreine werden der obersten Hohepriesterin des Reiches unterstellt sein. Wer auch immer an der Seite der Prinzessin steht, wird ihren Namen tragen und in die Familie der Kiku aufgenommen werden“, erklangen die Stimmen der Kitsune wie aus einem Mund.
Noch bevor jemand Fragen stellen konnte, verschwanden die beiden Boten des Himmels in einem Wirbel aus Licht.
Hakuchou
Eines Tages verließen Prinzessin Eun und Prinz Jīnzi den Chrysanthemen Palast um eine Pilgerreise zu den großen Tempeln Ribens anzutreten. Die beiden würden demnächst ihren sechzehnten Geburtstag feiern und danach neue Sensei zur Seite gestellt bekommen um für ihre Zukunft vorbereitet zu sein. Die Reise brachte die Kinder sie zu einem entlegenen Schrein einer lokalen Gottheit. Nach den Gebeten und Opfergaben wurde das Lager aufgebaut und die Prinzessin begann in der Nähe Blumen zu Pflücken.
Eun fand hier einige Blumen, die rund um Rimachi nicht wuchsen und so vergaß die Prinzessin die Zeit und entfernte sich immer weiter von der Gruppe. In der Ferne hörte sie Geräusche, die sie nicht einordnen konnte, doch bevor Eun in die Richtung loslief, hörte sie Rufe hinter sich. Rufe die aus dem Lager kamen. Die Prinzessin wandte sich noch einmal in die andere Richtung, lief dann aber zum Lager zurück. Dort angekommen musste das Mädchen feststellen, dass einige fremdartig Gerüstete mit der Palastwache kämpften. Eun suchte nach ihrem Bruder und als sie ihn entdeckte, rannte sie zu ihm hinüber.
„Jīnzi“, flüsterte die Prinzessin, „komm schnell, hier sind wir nicht sicher. Wir sollten uns beim Schrein verstecken.“ Der Prinz nickte seiner Schwester zu und die Jugendlichen machten sich auf den Weg um vom Schlachtfeld wegzukommen. Doch einige der Fremden hatten die beiden bemerkt und blockierten den Weg.
„Nicht so schnell, Kinder. Ihr kommt mit uns!“, ertönte eine tiefe Stimme in fremder Sprache. Jīnzi stellte sich vor seine Schwester und griff nach einer Waffe die am Boden lag. Die Fremden lachten ihn aus. Eun blickte sich um und suchte nach einem Fluchtweg. Doch ihr ungeschultes Auge fand keine Möglichkeit zu entkommen. Vier von den Fremden hatten die Zwillinge inzwischen eingekreist und panisch rief die Prinzessin um Hilfe. Doch die Palastwachen waren mit den anderen Gerüsteten beschäftigt und schafften es nicht von ihnen los zu kommen. Gerade als einer der Fremden Prinzessin Eun ergreifen wollte, wurde er von einem Pfeil getroffen. Überrascht drehte sich der Gerüstete um, denn nur ein geübter Bogenschütze konnte die weniger geschützten Stellen erkennen. Wütend brach der Fremde den Pfeil ab und rannte auf die kleine Gruppe Neuankömmlinge zu.
An Benten-samas Schrein
I-Seo griff nach einer Haarnadel aus Holz. Die junge Frau lächelte als sie das Schmuckstück betrachtete. Sie erinnerte sich daran, wie Hikaru einen der Äste des Kirschbaums in ihrem Garten vor dem Feuer rettete, als er davon gehört hatte, das I-Seos Lieblingsbaum gefällt werden musste. Letztes Jahr, kurz nach dem Kirschblütenfest war es gewesen und sie hatte die Blüten und die Früchte des Baumes geliebt. Doch der Baum war krank geworden und musste einem jüngeren Baum weichen. Einige Wochen später kam Hikaru zu I-Seos Haus, gab ihr die Haarnadel aus Holz und rannte wieder nach Hause.
Sie hatte damals nicht verstanden, warum Hikaru weggelaufen war. Er hatte aus dem Ast eine Haarnadel geschnitzt. Darin waren die Schriftzeichen ihres Namens zu sehen und Pfirsichblüten. I-Seo steckte dieses Geschenk nun in ihr Haar. Sie griff nach einem Blatt Papier und legte sich einen Pinsel bereit. Dann begann I-Seo damit in etwas Wasser die gepresste Tusche aufzulösen, indem sie diese über den Stein mit dem Wasser rieb.
Warme Stimme Sanfte Ausstrahlung Sehnsucht
In fließenden Bewegungen glitt der Pinsel über das Blatt und schrieb die Worte. Dieses Gedicht würde am heutigen 'ai no tegami' an Waseiten geopfert werden. I-Seo wartete bis die Tusche getrocknet war und faltete dann das Papier. Sie erhob sich und verließ das Haus um zu dem kleinen Schrein zu gehen. Ihre Gedanken kehrten immer wieder zu Hikaru zurück. Auf dem Weg von ihrem Haus zu dem Dorf erinnerte sie sich daran, wie sie als Kinder hier gespielt hatten. Im Dorf angekommen, erinnerte sie sich daran, wie Hikaru Dango für sie zum Kirschblütenfest gekauft hatte, oder das Furoshiki mit Pfirsichblüten oder als sie für Hikaru Bao gekauft hatte, da er seinen Geldbeutel nicht fand. Das Dorf lag nun hinter ihr und der Schrein zu Ehren Waseitens nur noch wenige Minuten vor ihr. Ein Mann ging ebenfalls auf den Schrein zu.
I-Seos Herz blieb einen Moment stehen. Ob es Hikaru war? Sie hatte ihn letztes Jahr beim Kirschblütenfest in der Stadt kennengelernt. Ob er sich überhaupt noch an sie erinnerte?
Die junge Frau ging weiter auf den Schrein zu, und versuchte ihre Neugierde und Angst zu kontrollieren. Immerhin war sie eine Samurai und sollte ihre Emotionen beherrschen. Der Mann kam kurz vor I-Seo am Schrein an und wusch sich Hände, Mund und Gesicht. Die Samurai tat es ihm gleich und wagte einen verstohlenen Blick als sie nahe genug war. Die Augen waren so sanft wie die Hikarus und von gleicher Farbe. Er sah eindeutig aus, wie der junge Mann den sie beim Kirschblütenfest kennengelernt hatte. Beide näherten sich dem Schrein. Beide klatschten viermal in die Hände, entzündeten Räucherstäbchen, verbrannten ein Blatt Papier und beendeten das Gebet mit dreimal Klatschen.
I-Seo atmete tief durch als sie den Schrein verließ und wusste das Waseiten ihr Gedicht erhalten hatte. Beim Verlassen trafen sich die Blicke der beiden jungen Samurai.
"I-Seo-sama?", fragte der Mann mit der Narbe. Die junge Frau erkannte die Stimme sofort. "Hikaru-san!", rief sie freudig aus und fiel dem Mann um den hals.
Schwarze Katze
Auf leisen Pfoten streift die schwarze Katze durch das Dorf.
Wie jeden Abend.
Die meisten Häuser sind still, denn die Ribenesen darin schlafen. Doch in der Ferne hört die Katze Stimmen aus einem der Häuser dringen.
Neugierig trottet die schwarze Gestalt auf das Gebäude zu.
"Ich verbiete dir dich wieder mit ihm zu treffen", dringt die laute Stimme nach draußen.
"Aber, O·Tossan, ich liebe ihn", ertönt eine jüngere Stimme vom weinen verzerrt.
"Er ist ein Samurai. Bist du wirklich so naiv, dass du glaubst er würde dich zu deiner Hauptfrau machen? Wenn du Glück hast nimmt er dich als Dienerin auf und du wirst seine inoffizielle Konkubine. Deine Kinder ein Dorn im Auge seiner Frau."
"Wenn das Schicksal dies so bestimmt hat, dann soll es so sein."
Schnelle Schritte folgen dem Satz und die Tür des Hauses wird geöffnet. Eine junge Frau steht im Eingang. Tränen fließen ihre Wangen herab.
Hinter ihr ein alter Mann, der gerade nach ihrem Handgelenk greift.
Die Katze springt auf den Mann zu, faucht ihn an und kratzt ihn am Arm.
Er schimpft das Tier, lässt seine Tochter jedoch los und sie stürmt in die Nacht hinaus.
Unterricht
Gottheiten der Luft
"Geeignete Opfergaben für Kami der Elemente sind mit dem jeweiligen Element in Verbindung stehende Dinge. So eignen sich zum Beispiel für Kami des Elementes Luft Glockenspiele, Seidentücher, Gedichte oder Lieder mit Luft oder Wind als Thema, so wie auch Räucherstäbchen und Dürfte."
Eifrige Lernende schreiben die Worte des Sensei nieder. Immerhin sollen sie künftig sicherstellen, dass weder Kami noch Glücksgottheiten verärgert sind.
"Sensei, dann kann man an die Kami des Elementes Luft auch einen besonders gut duftenden Tee opfern?", fragt eine Schülerin. "Hai, auch duftende Tees, sowohl in loser Form als auch in bereits aufgebrühter Form sind möglich Opfergaben." "Sensei, ich habe gehört, dass das Element Luft auch mit Emotionen assoziiert wird. Könnte also auch ein emotionales Schriftstück geopfert werden?", fragt ein anderer Schüler. Der Sensei hält kurz inne, bevor er antwortet. "Hai, auch ein Gedicht über Liebe, eine Geschichte über eine Fehde oder ein Lied über Trauer sind geeignete Opfergaben. Auch Bilder, welche entsprechende Szenen darstellen sind möglich."
Gottheiten des Feuers
"Geeignete Opfergaben für Kami der Elemente sind mit dem jeweiligen Element in Verbindung stehende Dinge. So eignen sich zum Beispiel für Kami des Elementes Feuer Holz, Seidentücher, Gedichte oder Lieder mit Feuer oder Flammen als Thema, so wie auch Räucherstäbchen und Papier." Eifrige Lernende schreiben die Worte der Sensei nieder. Immerhin sollen sie künftig sicherstellen, dass weder Kami noch Glücksgottheiten verärgert sind.
"Sensei, kann man an die Kami des Elementes Feuer auch einen besonders gut duftenden Tee opfern?", fragt eine Schülerin. "Hai, auch duftende Tees, vor allem loser Form sind eine mögliche Opfergabe. Kurz gesagt, alles was brennbar ist, ist geeignet um die Kami des Elementes Feuer positiv zu stimmen. " "Sensei, ich habe gehört, dass das Element Feuer auch mit Emotionen assoziiert wird. Könnte also auch ein emotionales Schriftstück geopfert werden?", fragt ein anderer Schüler. Die Sensei hält kurz inne, bevor sie antwortet. "Hai, auch ein Gedicht über Wut, eine Geschichte über Rache oder ein Lied über leidenschaftliche Liebe sind geeignete Opfergaben. Auch Bilder, welche entsprechende Szenen darstellen sind möglich." Nach einer kurzen Pause fährt die Lehrmeisterin fort.
"Feuer Kami haben nicht nur die Kontrolle über das Element, in dem sie Dinge entflammen lassen oder Feuer löschen. Sie können auch Emotionen anfachen."
Sakura-no-hime-gami
Lachen
Ein leises Lachen ertönt aus der Baumkrone. Neugierig blickt das kleine Mädchen nach oben und versucht zu sehen, wer denn hier gelacht hat. Doch konnte Umeko niemanden erkennen, also sah das Mädchen sich um und suchte nach einem Weg in die Baumkrone des Kirschbaums. Und tatsächlich findet das Mädchen eine Möglichkeit den Baum hochzuklettern. Das leise Lachen ist nun ein wenig lauter und Umeko blickt sich in der Wolke aus rosa Kirschblüten nach der Quelle um.
Und da! Ein Mädchen!
Umeko hätte sie beinahe übersehen. Die Haut des fremden Mädchens ist so blass wie weiße Kirschblüten, die Lippen rot wie reife Kirschen, die Bäckchen zart rosa. Doch das ungewöhnlichste ist das Haar, welches von dem zarten Weiß zu dem Rosa der Kirschblüten verläuft. Umeko legt den Kopf schief und blinzelt. Auch der Kimono des Mädchens ist ungewöhnlich. Er scheint braun zu sein, wie die Äste des Kirschbaumes, doch er- und verblühen Laub und Blüten eines Kirschbaumes jeden Augenblick aufs Neue und so ergibt sich ein unwirklicher Verlauf von braun, nach weiß und pink über grün nach braun.
"Konnichiwa", sagt Umeko leise in die Richtung des Mädchens. Das leise Lachen verstummt und das Mädchen wendet sich Umeko zu. "Konnichiwa-Pflaumenkind", antwortet die glockenklare Stimme des fremden Mädchens. Als sie sich Umeko zuwendet scheint sie zu wachsen. Gerade noch schien sie ein Mädchen von sieben Jahren zu sein, doch nun wirkt sie wie eine Jugendliche, alt genug um demnächst ihr Gempukku zu machen...wäre sie eine Samurai. Die Fremde nähert sich Umeko und gibt ihr einen leichten Kuss auf die Stirn. Nur um wenig später in einem Regen aus Kirschblüten in allen Farben zu verschwinden.
Kirschblüte
Umeko steht verdattert in der Krone des Kirschbaums und betrachtet die Wirbel aus zartrosa und weißen Kirschblüten. Langsam streckt das kleine Mädchen ihre Hand aus um eine der Blüten zu fangen und klettert dann gut gelaunt von dem Baum herab. Mit den Beinen wieder auf dem Boden des Gartens, öffnet Umeko ihre Hand und prüft ob die Kirschblüte auch unbeschädigt ist. Die zarten Blütenblätter schillern in weiß und rosa und scheinen von innen heraus zu leuchten. Das Mädchen schließt wieder schützend ihre kleinen Hände um die Blüte und läuft mit kindlich-ernsten Blick zu ihrer Mutter.
"Okaa-chama, ich habe eine Kirschblüte gefangen!"
Immerwährend Rosa
Die letzten Kirschblüten sind bereits verblüht, doch auf dem Tisch von Umeko liegt eine einzelne Kirschblüte die nicht zu verwelken scheint. Das kleine Mädchen sieht verzückt auf die zartrosafarbene Blüte.
"Okaa-chaaamaaaa", ruft sie mit fröhlicher Stimme und läuft auf ihren kleinen Füßen in den Hauptraum des Hauses. Umekos Mutter sitzt dort und passt einige der Kimono ihrer Tochter in der Größe an. Nähte wurden aufgetrennt um den eingeschlagenen Stoff herabzulassen. Die Mutter hebt ihren Kopf und lächelt das kleine Mädchen an.
"Ume-chan, komm zu mir. Du bist genau zur richtigen Zeit hier." "Hai."
Umeko stellt sich vor ihre Mutter und lässt sich den Kimono mit Sonnenblumen anziehen. Mit geschickten Händen passt die Frau die Länge an und markiert die Stellen um die neuen Nähte zu setzen.
"Okaa-chama, die Kirschblüte die ich bekommen hab, sie ist immer noch nicht verwelkt", beginnt sie los zu plappern. "Sie liegt auf meinem Tisch und blüht und manchmal ist sie rosa und manchmal weiß und manchmal pink und manchmal hat sie mehr als eine Farbe. Und manchmal kommt eine Biene und setzt sich auf die Blüte und fliegt dann wieder weg. Glaubst du das ein Schmetterling auch kommen wird um die Blüte zu besuchen? Ist die Blüte vielleicht ein Glückgott?" Das Kind redet scheinbar ohne eine Pause zu benötigen um Atem zu holen, während die Mutter geduldig bereits den dritten Kimono abgesteckt hat und beiseite legt. "Nun, diese Frage kann dir vielleicht ein Shugenja beantworten. Aber ich glaube eher, dass die Blüte von Sakura-no-hime-gami gesegnet und dir zum Geschenk gemacht wurde." Irgendwie hat es Umekos Mutter geschafft einen Punkt zu finden, an dem sie antworten kann ohne die Tochter zu unterbrechen. Und ohne lange zu warten plappert das kleine Mädchen fröhlich weiter über die Blüte auf ihrem Tisch und wie sehr sie sich bemüht das Schriftzeichen für Kirschblüten zu üben und dass sie zum nächsten Kirschblütenfest eine Kalligraphie für Sakura-no-hime-gami machen möchte.
Pflaumenblüte
Rote Farbtupfer breiten sich über der schmelzenden Schneedecke aus. Die ersten Plaumenblüten beginnen sich bereits zu öffnen. Blasse Haut glänzt eisig im Sonnenlicht, als die Strahlen Amaterasus das Gesicht einer Frau berührten. Ein resignierter Blick wandert in Richtung des Himmels, während weißes Haar offen über den Rücken fällt. Ein seufzen entfleucht der Kehle der Frau, als sie sich in Richtung des großen Waldes bewegt. Eiskristalle bilden sich in ihrem kalten Atem. Es war Zeit für sie in den Wald zurückzukehren. Denn der Frühling würde bald anbrechen und sie war eine Kreatur des Winters. Die Seide ihres Kimonos glitzert wie eine Eisschicht über eines Schneedecke im Sonnenlicht. Und während der Schnee unter dem Licht der Sonne schmilzt, verschwindet die Frau in den tiefsten Tiefen des geheimnisvollen Waldes in der Nähe des Jinentama.
Niinamesai 2
Aufbruch aus Hisago Mura
Orange, gelbe und rote Blätter fallen langsam von den Bäumen herab. Einige werden vom sanften Wind noch ein Stück getragen, bevor sie am Boden ihren Platz gefunden haben. Hyun zieht einen kleinen Wagen mit den besten Früchten der Ernte hinter sich her. Dieses Jahr wurde er vom Dorfältesten ausgewählt um als Tsukai die Opfergaben in die Hauptstadt zu bringen. Letztes Jahr fiel die Wahl des Anführers auf Shin. Hyun war froh zweimal in Folge zur Hauptstadt reisen zu dürfen. Dieses Jahr war schwer für Hisago Mura, denn viele der Eltern und Großeltern im Dorf sind dem Fieber erlegen und so mussten die jungen Dorfbewohner nicht nur die Pflege der Felder übernehmen, sondern auch die Pflege der Familie. Hyun war noch letztes Jahr bereits in der Hauptstadt gewesen. Damals durfte er Shin begleiten und die Ernte des Dorfes abliefern. Die anderen jungen Männer - Bo, Fan, Yong und Ping - sehen Rimachi zum ersten Mal. Um die verstorbenen zu Ehren und ihre Trauer zu zeigen, hatten alle ihre einfachste und schlichteste Kleidung für die Reise nach Rimachi ausgewählt und trugen ein Stirnband aus einem schwarzen und einem weißen Tuch, welche ineinander verschlungen waren. Auch trug jeder der jungen Männer eines der gesegneten Tücher vor Nase und Mund um sich vor dem neuen Fieber zu schützen. Der Weg führt auf eine breite Straße, hier sind auch mehr Leute unterwegs als auf dem kleinen Weg zuvor. Bauern mit den Früchten der Felder Ribens sind am Weg in die Stadt. Hyun hat das Gefühl, dass es weniger sind als letztes Jahr. Einige der anderen Dörfer dürfte es wohl schwerer getroffen haben als Hisago Mura. Samurai, einzeln oder in kleinen Gruppen, betreten oder verlassen Rimachi. Eine Gruppe Miko verabschiedet sich von einer anderen Gruppe Mönche an einer Weggabelung, welche von dem Herzen Ribens wegführt. Die Mitglieder des Klerus trugen Körbe mit gesegneten Tüchern und anderen Dingen auf den Rücken und brachen wohl zu den Umliegenden Dörfern auf. Hyun bemerkte wie seine Freunde aus Hisago Mura sich plötzlich klein und unbedeutend zu fühlen schienen. Ihm war es im Jahr zuvor nicht anders ergangen. Ruhig führte er die kleine Gruppe die Straße entlang weiter und achtete darauf, dass alle Abstand zu Fremden hielten. Denn das war es, was Mönch Shan ihnen gesagt hatte.
Ankunft in Rimachi
Hyun und die anderen, werden wie alle welche die Stadt betreten wollen, von einer Gruppe Yoriki angehalten. “Konnichiwa minna-san. Ihr kommt wegen Niinamesai?” “Hai, Yoriki-tachi.”, antwortet Hyun und holt eine Schriftrolle hervor,” Hier sind die Reisepapiere.” Einer der Yoriki prüft den Wagen, während ein anderer das Dokument kontrolliert. Ping beobachtet währenddessen wie eine andere Gruppe Heimin mit Ernteopfergaben warten muss, bis einer der Trupps Yoriki sie einlässt. An anderer Stelle sieht der Junge aus dem Dorf wie eine Samurai nicht eingelassen wird, da sie kein gesegnetes Tuch vor Nase und Mund trägt und das angebotene Tuch ablehnt. Irgendwas von wegen man könne sie mit einer Kuchisake Onna verwechseln, nimmt sie als Vorwand. Ping schüttelt den Kopf. Erst als eine andere Samurai hinzu kommt, sie sieht aus wie eine Bugyo, gibt die erste Samurai nach und nimmt das angebotene gesegnete Tuch. Gemeinsam mit der Bugyo betritt sie dann die Stadt und es kehrt wieder Ruhe ein. Wenige Augenblicke später bekommt Hyun die Papiere zurück und die jungen Männer werden durchgewunken. Hyun und die anderen aus seinem Dorf passieren das Stadttor. Und was sie nun, da sie in Rimachi angekommen sind, sehen verschlägt den vier jungen Männern die zum ersten Mal in in der Stadt sind den Atem. Hyun fragt sich ob er letztes Jahr auch so ausgesehen hatte. Während ihre Häuser in Hisago Mura aus Holz und Lehm sind, sind die Häuser hier aus Stein und Holz. Die Dächer der Heimin Häuser eher schlicht in weiß und braun und kaum dekoriert, doch näher im Zentrum sind die Häuser der Samurai, welche die Tiere der Clans zeigen und einige der Häuser haben keine weißen Wände, sondern sind in den Farben der Han gehalten.
Die Gruppe junger Dörfler folgt Hyun auf der Hauptstraße in die Richtung des Tempelbezirks, welcher den Palast des Ou-Daimyou umgibt. Im Vergleich zum Vorjahr sind sehr viel weniger Personen auf den Straßen unterwegs. Alle achten sie darauf Abstand zu den anderen zu halten und alle tragen Tücher vor Nase und Mund. Ping und Bo beginnen allmählich entspannt zu plaudern. Während Fan und Yong neugierig die ungewohnte Umgebung betrachten. Hyun geht wachsamen Auges mit dem Wagen voran.
Eintreffen am Tempel Ri-Fukujin
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen die jungen Heimin das Gelände des Haupttempels in Rimachi. Es dauert nicht lange bis eine Frau in rotem Hakama und weißem Kimono mit gesegnetem Tuch vor Nase und Mund an die kleine Gruppe herantritt und fragt ob sie ihnen helfen kann.
“Hai, Miko-sama. Wir sind hier um unsere Opfergabe aus Hisago Mura für Niinamesai dem Klerus zu übergeben”, Hyun deutet dabei auf den Wagen hinter ihm mit den Feldfrüchten seines Dorfes. “Ich verstehe. Dann folgt mir bitte”, mit diesen Worten dreht sich die Miko um und schreitet voran. Sie führt die Gruppe Weg vom Hauptgebäude des Ri-Fukujin. Kurze Zeit später stehen die jungen Bauern und die Miko vor einem unscheinbaren Gebäude ein wenig abseits von den Schreinen. “Konnichiwa, Jizo Daru-san. Hisago Mura sendet seine Opfergaben für Niinamesai.” “Ah, arigato Miko Hinako-san.”
Die Miko verneigt sich kurz und verlässt die kleine Gruppe dann wieder um sich ihren Aufgaben zu widmen. Währenddessen begrüßt der Priester die Heimin und notiert sich welche Feldfrüchte das Dorf als Opfergabe ausgewählt hat. Bo, Fan, Ping und Yong wirken nervös, während sie darauf warten bis der Priester mit seiner Arbeit fertig ist. Hyun hingegen beobachtet genau was der Priester tut. Sobald Jizo Daru alles notiert hat, macht er eine Geste und kurz darauf erscheint, wie aus dem Nichts, ein Novize aus dem Gebäude und bringt den Wagen mit den Früchten weg. Hyun und die anderen folgen dem Novizen und helfen beim Ausladen der Früchte. Danach verabschiedet sich die Gruppe und bricht auf um die Heimreise nach Hisago Mura anzutreten.
Niinamesai - Erntedank
Der Priester nimmt den ganzen Tag über weitere Opfergaben entgegen und notiert welches Dorf welche Feldfrüchte bringt. Bis Sonnenuntergang muss alles notiert sein, immerhin müssen die Früchte bei Sonnenaufgang vorbereitet werden um während des Niinamesai den Fukujin geopfert zu werden. Am nächsten Morgen finden sich Novizen in dem Gebäude ein und bringen die Früchte vorsichtig zu dem Hauptgebäude. Hier wurden am Vorabend Schreine zu Ehren Daikokus, Inaris, Bixias, Qingdis und all der anderen Fukujin aufgestellt, welche mit Ernte und Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht werden. Miko sind bereits versammelt und reinigen den Raum spirituell und die Novizen bringen die Opfergaben zu dem riesigen Tisch in der Mitte. Dieses Jahr dauern die Vorbereitungen ein wenig länger als sonst, denn alle Mitglieder des Klerus achten darauf Distanz zu anderen zu halten und dass nicht zu viele Personen gleichzeitig in einem Raum sind. Die Priesterschaft ist bis zur Mittagsstunde damit beschäftigt die Vorbereitungen zu treffen und alles zu segnen und spirituell zu reinigen. Dieses Jahr ist jedoch noch ein extra Schritt hinzugefügt worden. Nach dem eine Lage der Opfergaben fertig aufgeschichtet wurde, wird alles mit Wasser abgespült und erst danach die nächsten Früchte hereingebracht um diese aufzuschichten. Und von einem Moment zum nächsten ist das Hauptgebäude wieder menschenleer. Doch soll die Stille nicht lange verweilen. Von draußen sind Schritte und Musik von der Prozession die sich dem Schrein nähert zu hören. Novizen, Miko, Priester, Mönche und Nonnen, Shugenja und die Shinno hi-Kiku bewegen sich langsam auf den Ri-Fukujin und das Hauptgebäude zu. Die Prozession besteht dieses Jahr nur aus wenigen Mitgliedern des Klerus und die Abstände zwischen den einzelnen Personen und den Gruppen sind größer als sonst. Die Menge teilt sich und nur die Hohepriester der großen Tempel und eine kleine Auswahl an Shugenja begleiten die Shinno hi-Kiku in das Hauptgebäude, während der Rest draußen bleibt und dort zu den Fukujin betet. Auch hier wird auf Distanz zu anderen geachtet und alle tragen gesegnete Tücher vor Nase und Mund. Einige der Novizen versuchen einen Blick in das Innere des Gebäudes zu erlangen um zu sehen was dort geschieht. Doch bleibt ihnen die Möglichkeit dazu verwehrt. Sie hören nur den rituellen Gesang und die Gebete welche sich an die Fukujin der Ernte und der Fruchtbarkeit richten. Und nach einer Weile riechen sie auch die gesegneten Räucherstäbchen.
Die Sonne neigt sich dem Horizont entgegen, doch noch vor der Dämmerung verlassen die Hohepriester und Shugenja das Gebäude wieder und schreiten, gefolgt von dem restlichen Klerus, erneut durch die Torii des Ri-Fukujin um im kleinen Rahmen mit der Familie zu feiern.
Geisterlichter
Blaue Lichter glühen am Waldesrand. Wie Flammen bewegen sie sich im Windhauch und beleuchten einen Weg. Festlich gekleidete Gestalten bewegen sich auf diesem Weg in Richtung Wald, begleitet von Musik welche zu einer Hochzeitsprozession passt. Eine Sänfte mit roten Stoffen passiert die blauen Lichter und nachdem der letzte Ton verklungen war, glimmen auch langsam die Lichter aus.
Tränen
Mit Tränen in den Augen stand Haneul am Ufer des Flusses und ließ eine Papierlaterne ins Wasser gleiten. Die Laterne war geformt wie die Blüte der Seerosen und in der Mitte erleuchtete eine Kerze das Objekt. Haneul betete für die Seele ihrer Schwester. Das Mädchen war noch keine 5 Sommer alt gewesen und dieses fremde Fieber hatte Iseul ihrer Familie entrissen. Nach einer Weile ließ Haneul eine weitere Laterne zu Wasser gleiten, diesmal für ihren Großvater Shin-Yong. Sie wird ihn vermissen. Seit einigen Tagen war nun auch Großmutter Yoneul krank. Die junge Frau pflegte ihre Großmutter, aber sie befürchtete dass auch Yoneul nicht mehr lange leben würde. Haneul beobachtete die Laternen und kehrte erst heim, als die Lichter der Kerzen nicht mehr zu sehen waren. Die kühle Luft der Nacht und der klare Himmel ließen die junge Frau aufatmen. Noch waren sie und ihre Eltern von dem Fieber verschont geblieben und mit etwas Glück würde Großmutter überleben. Als Haneul heimkam, wurde sie von dem Klagen ihrer Eltern empfangen. Yoneul ist tot.
Yushen-no-kami
Regentropfen prasseln leise gegen das Dach. Kleine Hände sortieren Kirschblüten nach Größe und Qualität. Die besonders schönen Blüten sollen später für Wagashi verwendet werden, während die anderen Blüten zum Sakebrauer im Nachbardorf geschickt werden. "Okaa-san, meinst du es wird noch lange regnen?", fragt das kleine Mädchen, welches hilft die Blüten zu verpacken. "Sa-chan, das kann ich dir nicht sagen. Yushen-no-kami hat uns mit Regen gesegnet, so dass die Blüten der Bäume auch Früchte hervorbringen mögen. Es wird regnen so lange Yushen-no-kami dies für richtig hält", antwortet die Mutter ohne ihre Arbeit zu unterbrechen.
Ko-no-hana
Ein Meer aus gelben Blüten breitet sich vor Suisen aus. Die junge Frau geht durch das Blumenmeer und genießt den Duft. Schmetterlinge und Bienen, sowie andere Insekten fliegen zwischen den Blüten umher. Huflattich, Primeln, Krokus, Narzissen, Himmelschlüssel, Schwertlilien, Tulpen und viele andere gelb blühende Frühlingsblumen recken sich hier dem Himmel entgegen. Suisen pflückt von jeder Art zwei und legt sie in den Korb. Sobald sie das andere Ende des Feldes erricht hat, setzt sie sich auf den Boden und beginnt einen Kranz aus den Blüten zu flechten und singt dabei ein Frühlingslied. Zufrieden mit ihrem fertigen Kranz steht Suisen auf und geht weiter. Ein kleiner Schrein kommt ins Sichtfeld der Frau, sie wird wieder leise und geht andächtigen Schrittes weiter. Kurz vor dem Steingebilde befindet sich ein kleiner Brunnen, wo sie sich Hände, Gesicht und Mund reinigt. Danach tritt sie an den Altar des Schreins und legt den Blumenkranz ab, klatscht zweimal in die Hände und beginnt ein kurzes Gebet zu sprechen. Nach einer Weile klatscht sie ein weiteres Mal in die Hände und zieht sich dann von dem Schrein zu Ehren Ko-no-hanas zurück.
Mitsubachi no joo-no hime gami
Yohoka kommt gerade vom Honig sammeln zurück. Einige Bienen begleiten ihn. Er stellt den Eimer ab und beginnt das süße Gold in kleine Keramikgefäße zu füllen. Bachi greift nach den befüllten Gefäßen, kontrolliert ob auch keine Biene darin sitzt, verschließt sie eines nach dem anderen und versiegelt dann die Gefäße mit Wachs.
"Die Bienen sind fleißig dieses Jahr. Hoffentlich bedeutet dies, dass es eine gute Ernte geben wird", sagt die Bachi. "Hai, eine reiche Ernte wäre gut. Hunger wäre das letzte, was Riben jetzt brauchen kann", antwortet Yohoka.
Die nächsten Stunden arbeiten beide schweigsam vor sich hin, bis der Eimer mit dem Honig leer ist. Bachi sucht zwei der gefüllten Keramikgefäße aus und geht mit ihnen hinaus. Auf ein kleines Holzgebilde geht Bachi zu und Yohoka begleitet sie. Die beiden reinigen sich die Hände und schreiten erst danach näher an den Schrein heran. Eine Bienenwabe aus dunklem Holz und geschnitzten Bienen ist das zentrale Objekt des Schrein. Die beiden klatschen dreimal in die Hände, stellen danach die beiden Gefäße ab und beten. Sie danken mitsubachi no joō-no hime gami für den Honig. Danach klatschen sie zweimal und treten von dem Schrein zurück.
Ai no Tegami
Chuntao griff nach einer Haarnadel aus Holz. Die junge Frau lächelte als sie das Schmuckstück betrachtete. Sie erinnerte sich daran, wie Akio einen der Äste des Pfirsichbaumes in ihrem Garten vor dem Feuer rettete, als er davon gehört hatte, wie Chuntao weinte, als der Baum gefällt werden musste. Sie war damals noch ein Mädchen gewesen und hatte die Blüten und die Früchte des Baumes geliebt. Doch der Baum war krank geworden und musste einem jüngeren Baum weichen. Einige Wochen später kam Akio zu Chuntaos Haus, gab ihr die Haarnadel aus Holz und rannte wieder nach hause. Sie hatte damals nicht verstanden, warum Akio weggelaufen war. Er hatte aus dem Ast eine Haarnadel geschnitzt. Darin waren die Schriftzeichen ihres Namens zu sehen und Pfirsichblüten. Chuntao steckte dieses Geschenk nun in ihr Haar. Sie griff nach einem Blatt Papier und legte sich einen Pinsel bereit. Dann begann Chuntao damit in etwas Wasser die gepresste Tusche aufzulösen, indem sie diese über den Stein mit dem Wasser rieb.
Starke Arme Sanfte Augen Sehnsucht
In fließenden Bewegungen glitt der Pinsel über das Blatt und schrieb die Worte. Dieses Gedicht würde am heutigen 'Ai no tegami' an Benten geopfert werden. Chuntao wartete bis die Tusche getrocknet war und faltete dann das Papier. Sie erhob sich und verließ das Haus um zu dem kleinen Schrein zu gehen.
Ihre Gedanken kehrten immer wieder zu Akio zurück. Auf dem Weg von ihrem Haus zu dem Dorf erinnerte sie sich daran, wie sie als Kinder hier gespielt hatten. Im Dorf angekommen, erinnerte sie sich daran, wie Akio Dango für sie zum Kirschblütenfest gekauft hatte, oder das Furoshiki mit Pfirsichblüten oder als sie für Akio Bao gekauft hatte, da er seinen Geldbeutel nicht fand. Das Dorf lag nun hinter ihr und der Schrein zu Ehren Bentens nur noch wenige Minuten vor ihr. Ein Mann ging ebenfalls auf den Schrein zu. Chuntaos Herz blieb einen Moment stehen. Ob es Akio war? Sie hatte ihn lange nicht mehr gesehen, denn er war vor vier Jahren zur Ausbildung in die Stadt geschickt worden. Ob er sich überhaupt noch an sie erinnerte? Die junge Frau ging weiter auf den Schrein zu, und versuchte ihre Neugierde und Angst zu kontrollieren. Immerhin war sie eine Samurai und sollte ihre Emotionen beherrschen. Der Mann kam kurz vor Chuntao am Schrein an und wusch sich Hände, Mund und Gesicht. Die Samurai tat es ihm gleich und wagte einen verstohlenen Blick als sie nahe genug war. Die Augen waren so sanft wie die Akios und von gleicher Farbe. Eine Narbe zierte seine Wange ohne das Gesicht zu entstellen. Wer auch immer der Mann war, er sah ihrem Akio ähnlich. Beide näherten sich dem Schrein. Beide klatschten viermal in die Hände, entzündeten Räucherstäbchen, verbrannten ein Blatt Papier und beendeten das Gebet mit dreimal Klatschen. Chuntao atmete tief durch als sie den Schrein verließ und wusste das Benten ihr Gedicht erhalten hatte. Beim Verlassen trafen sich die Blicke der beiden jungen Samurai. "Chuntao-sama?", fragte der Mann mit der Narbe. Die junge Frau erkennt die Stimme, auch wenn sich diese leicht verändert hatte, sofort. "Akio-san!", rief sie freudig aus und konnte sich gerade noch bremsen, bevor sie dem Mann vor ihr um den Hals fiel.
Kajitsu-no-hime gami
Bienen fliegen von Blüte zu Blüte. Sanfter Duft liegt in der Luft. "Ich glaube wir müssen dieses Jahr die Äste stützen, sonst werden sie vom Gewicht der vielen Früchte brechen", sagte Ringo zu Nashi. "Hai, so desu. Ich werde Fuihou Kougyoku-sama informieren", antwortete der Bauer Nashi. Kinder liefen spielend zwischen den Apfelbäumen und Birnenbäumen umher. "Wenn das Wetter hält, werden wir im Herbst eine reiche Ernte haben. Und wenn uns die Fukujin wohlgesonnen sind, so werden die Früchte auch noch süß und saftig", plaudert Ringo fröhlich vor sich hin. Nashi greift nach einem Ast und schneidet diesen ab. "Aber was machst du denn da!", ruft Ringo entsetzt.
Ringos Proteste ignorierend geht Nashi zu einem anderen Baum und schneidet ebenfalls einen Ast ab. Mit den beiden Zweigen, einen voller Birnenblüten und einem voller Apfelblüten, geht er zu dem kleinen Schrein aus Stein. Schlicht, beinahe schmucklos, sieht der Schrein aus. Nashi reinigt seine Hände mit Wasser und dann auch die beiden Äste. Erst jetzt tritt er an den Sockel des Schreins und legt die beiden Äste in eine Steinschale die dort steht. Nashi klatscht zweimal in die Hände, zündet einen Holzsplitter an, legt diesen zu den Ästen in die Steinschale und betet. Danach klatscht er dreimal in die Hände und tritt von dem kleinen Schrein zurück. Hinter Nashi beginnen die beiden frischen Äse zu knacken und fangen langsam Feuer. Ringo beobachtet den Mann mit großen Augen. "Aber wenn du kajitsu-no-hime gami etwas opfern wolltest, warum hast du uns denn nicht die schönsten und größten Blüten aussuchen lassen?" "Weil Kajitsu-no-hime gami jede Blüte schätzt und diese beiden Äste waren von vielen Bienen und Schmetterlingen besucht."
Tanuki
Vier Pfoten tapsen im Dunklen auf der Suche nach einem offenen Fass durch das Lager des Sakebrauers. Die kleine Nase hat ein Rinnsal gefunden und nun folgt sie der Spur, in der Hoffnung das Leck zu finden und den Sake genießen zu können. Und tatsächlich, nach einer Weile, stieß die Schnauze auf ein Fass und den Beginn des Rinnsals aus Sake. Gierig machten sich die Pfoten daran die Öffnung in dem Fass zu vergrößern und so begann der kleine Tanuki zu trinken.
Niinamesai
Aufbruch aus Hisago Mura
Gelbe und rote Blätter fallen langsam zu Boden. Einige werden vom sanften Wind noch ein Stück getragen, bevor sie am Boden liegen bleiben. Shin zieht einen kleinen Wagen mit den besten Früchten der Ernte hinter sich her. Dieses Jahr wurde er vom Dorfältesten ausgewählt um als Tsukai die Opfergaben in die Hauptstadt zu bringen. Jedes Jahr wird im Dorf Hisago Mura einer der jungen Männer als Anführer - Tsukai - erwählt um die besten Feldfrüchte des Dorfes mit einer kleinen Gruppe der Jugendlichen die in diesem Jahr erwachsen geworden sind zum Ri-Fukujin zu bringen. Dort sollen die Früchte von den Miko gesegnet werden um im Rahmen der Erntedankfeiern dann durch die Priesterinnen und Priester den Fukujin der Ernte geopfert zu werden. Shin war noch nie in der Hauptstadt. Auch die anderen jungen Männer - Akio, Bojing, Hyun und Niu - sehen Rimachi zum ersten Mal. Der Weg führt auf eine breite Straße, hier sind auch mehr Leute unterwegs. Bauern mit den Früchten der Felder Ribens sind am Weg in die Stadt. Samurai, einzeln oder in Gruppen, betreten oder verlassen Rimachi. Eine Gruppe Mönche verabschiedet sich von einer anderen Gruppe an einer Weggabelung, welche von dem Herzen Ribens wegführt. Shin und seine Freunde aus Hisago Mura fühlen sich plötzlich klein und unbedeutend in der wachsenden Menge Ribenesen auf der Straße die zur Stadt führt.
Ankunft vor Rimachi
Shin und die anderen, werden wie alle welche die Stadt betreten wollen, von einer Gruppe Yoriki angehalten. “Konnichiwa minna-san. Ihr kommt wegen Niinamesai?” “Hai, Yoriki-tachi.”, antwortet Shin und holt eine Schriftrolle hervor,” Hier sind die Reisepapiere.” Einer der Yoriki prüft den Wagen, während ein anderer das Dokument kontrolliert. Hyun beobachtet währenddessen wie eine andere Gruppe Heimin mit Ernteopfergaben warten muss, bis einer der Trupps Yoriki sie einlässt. Wenige Augenblicke später bekommt Shin die Papiere zurück und die jungen Männer werden durchgewunken. Shin und die anderen aus seinem Dorf passieren das Stadttor. Und was sie nun, da sie in Rimachi angekommen sind, sehen verschlägt ihnen den Atem. Während ihre Häuser in Hisago Mura aus Holz und Lehm sind, sind die Häuser hier aus Stein und Holz. Die Dächer der Heimin Häuser eher schlicht in weiß und braun und kaum dekoriert, doch näher im Zentrum sind die Häuser der Samurai, welche die Tiere der Clans zeigen und einige der Häuser haben keine weißen Wände, sondern sind in den Farben der Han gehalten.
Die Menge um sie herum trägt die Gruppe auf der Hauptstraße weiter und Richtung Tempelbezirk, welcher den Palast des Ou-Daimyou umgibt. Nach einer Weile lässt der Strom jedoch etwas nach, denn die Menschen verteilen sich auf die Seitenstraßen und Häuser und so folgen die jungen Männer anderen Bauern, welche scheinbar nicht zum ersten Mal in Rimachi sind. Hyun und Akio beginnen allmählich entspannt zu plaudern. Während Bojing und Niu neugierig die ungewohnte Umgebung betrachten. Shin geht wachsamen Auges mit dem Wagen voran.
Ri-Fukujin
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen die jungen Heimin das Gelände des Haupttempels in Rimachi. Es dauert nicht lange bis eine Frau in rotem Hakama und weißem Kimono an die kleine Gruppe heran tritt und fragt ob sie ihnen helfen kann.
“Hai, Miko-sama. Wir sind hier um unsere Opfergabe aus Hisago Mura für Niinamesai dem Klerus zu übergeben”, Shin deutet dabei auf den Wagen hinter ihm mit den Feldfrüchten seines Dorfes. “Ich verstehe. Dann folgt mir bitte”, mit diesen Worten dreht sich die Miko um und schreitet voran. Sie führt die Gruppe Weg vom Hauptgebäude des Ri-Fukujin. Kurze Zeit später stehen die jungen Bauern und die Miko vor einem unscheinbaren Gebäude ein wenig abseits von den Schreinen.
“Konnichiwa, Jizo Daru-san. Hisago Mura sendet seine Opfergaben für Niinamesai.” “Ah, arigato Miko Hinako-san.” Die Miko verneigt sich kurz und verlässt die kleine Gruppe dann wieder um sich ihren Aufgaben zu widmen. Währenddessen begrüßt der Priester die Heimin und notiert sich welche Feldfrüchte das Dorf als Opfergabe ausgewählt hat. Akio, Bojing, Hyun und Niu wirken nervös, während sie darauf warten bis der Priester mit seiner Arbeit fertig ist. Shin hingegen beobachtet genau was der Priester tut. Sobald Jizo Daru alles notiert hat, macht er eine Geste und kurz darauf erscheint, wie aus dem Nichts, ein Novize aus dem Gebäude und bringt den Wagen mit den Früchten weg. Shin und die anderen folgen dem Novizen und helfen beim Ausladen der Früchte. Danach verabschiedet sich die Gruppe und bricht auf um die Heimreise nach Hisago Mura anzutreten.
Der Priester hingegen nimmt den ganzen Tag über weitere Opfergaben entgegen und notiert welches Dorf welche Feldfrüchte bringt. Denn bis Sonnenuntergang muss alles notiert sein, immerhin müssen die Früchte bei Sonnenaufgang vorbereitet werden um während des Niinamesai den Fukujin geopfert zu werden.
Opfergaben
Der Priester hingegen nimmt den ganzen Tag über weitere Opfergaben entgegen und notiert welches Dorf welche Feldfrüchte bringt. Denn bis Sonnenuntergang muss alles notiert sein, immerhin müssen die Früchte bei Sonnenaufgang vorbereitet werden um während des Niinamesai den Fukujin geopfert zu werden.
Am nächsten Morgen finden sich Novizen in dem Gebäude ein und bringen die Früchte vorsichtig zu dem Hauptgebäude. Hier wurden am Vorabend Schreine für Daikoku, Inari, Bixia, Qingdi und all die anderen Fukujin aufgestellt, welche mit Ernte und Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht werden. Miko sind bereits versammelt und reinigen den Raum spirituell und die Novizen bringen die Opfergaben zu dem riesigen Tisch in der Mitte. Die Priesterschaft ist bis kurz vor der MIttagsstunde damit beschäftigt die Vorbereitungen zu treffen und alles zu segnen und spirituell zu reinigen. Und von einem Moment zum nächsten ist das Hauptgebäude wieder menschenleer. Doch soll die Stille nicht lange verweilen. Von draußen sind Schritte und Musik von der Prozession die sich dem Schrein nähert zu hören. Novizen, Miko, Priester, Mönche und Nonnen, Shugenja und die Shinno hi-Kiku bewegen sich langsam auf den Ri-Fukujin und das Hauptgebäude zu.
Die Menge teilt sich und nur die Hohepriester und eine Auswahl an Shugenja begleiten die Shinno hi-Kiku in das Hauptgebäude, während der Rest draußen bleibt und dort zu den Fukujin betet. Einige der Novizen versuchen einen Blick in das Innere des Gebäudes zu erlangen um zu sehen was dort geschieht. Doch bleibt ihnen die Möglichkeit dazu verwehrt. Sie hören nur den rituellen Gesang und die Gebete welche sich an die Fukujin der Ernte und der Fruchtbarkeit richten. Und nach einer Weile riechen sie auch die gesegneten Räucherstäbchen. Die Sonne neigt sich dem Horizont entgegen, doch noch vor der Dämmerung verlassen die Hohepriester und Shugenja das Gebäude wieder und schreiten, gefolgt von dem restlichen Klerus, erneut durch die Torii des Ri-Fukujin um sich den Feiern in der Stadt anzuschließen.
Segnung der Aussaat
Vorbereitung
Ein großer in graue Roben gehüllter Mann steht in der Mitte des Feldes. Seine Hand zeichnet das Schriftzeichen der Reisgöttin Inari in die Luft und er spricht mit klarer Stimme ein Gebet an die Chi-Fukujin. Sobald er den ersten Abschnitt des Gebetes abgeschlossen hat, geht er im Sonnenlauf einmal um das Feld herum, weiterhin zu der Reisgöttin betend. Die Reisbauern des Dorfes warten geduldig bis der Priester seine Arbeit getan hat. Nur einmal hat ein Kind es gewagt einen der Reissetzlinge einzupflanzen bevor die Segnungen abgeschlossen waren und in jenem Jahr gab es auf diesem Feld keine Ernte und die anderen Felder brachten weniger Reis ein als sonst. Seither hat jede nachfolgende Generation von diesem Ereignis berichtet und die Kinder gewarnt zu warten bis der Priester fertig ist. Jing wartete ungeduldig mit seinem Büschel Setzlingen am Rand des Feldes und beobachtete den großen Mann.
Der Priester Yun kommt jedes Jahr ins Dorf um die Reisfelder und später die Ernte zu segnen. Er lebt in einem Kloster nicht weit von hier. Jings Augen werden groß als der Mann an ihm vorbeikommt während seines Gebetes. Der Junge glaubt nicht dass der Priester wirklich beeinflussen kann ob es mehr oder weniger Ernte auf diesem Feld gibt. Er glaubt nicht das Inari existiert, denn er hat sie noch nie gesehen. Einmal hat er mit seinen Eltern gestritten, weil sie den letzten Reis den sie hatten zu dem Schrein der Fukujin brachten und dort als Opfergabe bereit stellten. Sie beteten für eine bessere Ernte und opferten dafür den Reis der ihre Bäuche füllen sollte.
Jing hatte Hunger.
Wenn Inari wirklich existierte würde sie bestimmt nicht wollen dass er Hunger hat. Doch seine Eltern haben ihn geschimpft, er sollte die dünne Haferschleimsuppe essen statt dem Reis hinterher zu trauern. Er solle auf die Fukujin und ihre Güte vertrauen haben sie gesagt Jings Magen knurrte. Der Junge hoffte dass der Priester bald fertig war mit seinen Gebeten. Dann könnten sie endlich mit der Arbeit beginnen.
Erste Segnung
Doch wusste Jing dass das Ritual noch lange dauern würde. Der Priester ging nun zum Rand des Feldes und holte einen Teil der Opfergaben. Er begann diese über das Feld zu streuen.
Jing verstand kein Wort von dem Lied des Priesters, denn es war in der alten Sprache. Der Bauernjunge stellte sich vor wie er als Priester über das Feld gehen und die Bauern verspotten würde, könnte er die alte Sprache, und die dummen Leute würden glauben er spräche ein Gebet für sie. Jing musste lächeln.
Der Priester stand nun am anderen Ende des Feldes. Der Mann griff nach zwei Gegenständen und ging erneut über das Feld. Er verteilte irgendeine Flüssigkeit über das Feld. Sie roch streng. Sobald das Feld damit beträufelt war stellte sich der Priester an den Rand und entzündete eine Handvoll Stroh. Der Wind wehte den Rauch in das Gesicht des Priesters und Jing biss sich auf die Zunge um nicht laut zu lachen. Der Priester erholte sich von dem Husten und legte das brennende Stroh auf das Feld. Das Feuer entflammte auf dem gesamten Reisfeld.
Einige der jüngeren Kinder staunten über das Flammenmeer. Jing war unbeeindruckt. Er war schon 8 Jahre alt, er war also schon bei der vierten Segnung dabei. Über die jüngeren Kinder den Kopf schüttelnd, beobachtete er die Flammen. Letztes Jahr war das Feuer auf die anderen Felder übergesprungen bevor die Gebete dort abgehalten wurden. Die Frau des Dorfältesten schrie damals panisch dass das ein schlechtes Omen sei. Als dann auf den Feldern die Ernte tatsächlich schlechter war als auf den anderen, obwohl noch Segnungen dort ausgeführt wurden, sobald die Flammen zurückgegangen waren, war sie stolz auf sich selbst, weil sie es ja vorhergesagt hatte.
Der Junge glaubte das nicht.
Jing ist aufgefallen dass die Bauern wegen ihres Geschreis von wegen schlechtes Omen so nervös waren, dass sie die Pflanzen nicht gleichmäßig gesetzt hatten. Jing hat versucht sich früh morgens und spät abends rauszuschleichen um die Fehler auszubessern, aber er wurde ab und zu erwischt und konnte daher nicht alle Pflänzchen an die richtigen Plätze pflanzen, bevor sie anfingen Früchte zu tragen. Aber da wo er es geschafft hatte, da waren die Erträge der Reispflanzen gut. Der Junge behielt es jedoch für sich. Sollen die dummen Bauern doch glauben was sie wollen. Er wusste dass es keine Fukujin und Tamashii gab. Alles nur Einbildung. Da war sich der Junge sicher.
Unerwarteter Gast
Er wollte sich schon umdrehen und davon schleichen, als er mitten im Feld zwischen den gierigen Flammen eine Bewegung sah. Die Dorfbewohner wurden plötzlich still und man hätte eine Nähnadel fallen hören können. Wie gebannt starrten sie alle auf die Mitte des Feldes.
Und da, zwischen den Flammen, inmitten des Feuers, war ein weißer Fuchs. Dieser Fuchs hatte neun, große, flauschige Schweife. Langsam erhob sich die Gestalt des Tieres auf die beiden Hinterpfoten und während dieser Bewegung, veränderte sich der Körper. Die Vorderpfoten verließen den Boden und wurden zu schlanken Armen, der Hals und Kopf wurden menschlich und nach und nach veränderte sich der seidig glänzende Pelz des Tieres in einen Kimono und langes weißes Haar. Nur die neun Schweife blieben. Die Flammen wichen zurück und gaben den Blick auf eine unbeschreiblich schöne, große Frau frei. Das weiße Haar fiel offen über ihre Schultern bis auf den Boden herab. Der Kimono hatte die Farbe von Reiskörnern und schimmerte bei jeder Bewegung silbern. Jing traute seinen Augen nicht. Es gab keine Götter, also konnte es auch keine Kitsune geben. Aber vor ihm sah er eine Kitsune. Und sie bewegte sich auf die Dorfbewohner zu.
Niemand wagte es sich zu bewegen.
Enthüllungen
Der Priester war der erste der aus seiner ungläubigen Starre frei kam. Er warf sich zu Boden, so wie er es dem Tenno selbst tun würde. Die Hände vor dem Kopf zu einem Dreieck geformt und Gesicht knapp über dem Boden. Die Kitsune lächelte amüsiert.
Jing kniff sich selbst in die Wange. Er musste doch träumen. Oder halluzinieren. Das muss es sein. Der Rauch von der brennenden Erde muss seinen Verstand vernebelt haben. Natürlich! Aber er fühlte den Schmerz den seine Finger verursachten. Es gibt keine Kitsune oder Tamashii oder Fukujin oder Kami. Alles nur Lügen von den Samurai und Priestern um uns Heimin das Leben schwer zu machen und sich selbst zu bereichern. Der Priester hat bestimmt irgendwelche Kräuter verbrannt die uns Dinge sehen lassen die nicht da sind und spielt halt mit, damit es echt wirkt.
Die Kitsune sagt irgendetwas in einer Sprache die Jing nicht versteht. Sie beugt sich zu dem Priester herab, legt ihre Hand auf seine Schulter und bedeutet ihm danach sich zu erheben. Der Priester antwortet etwas, richtet sich auf und für eine Weile unterhalten sich die beiden. Jiao, die Tochter des Dorfältesten geht wie hypnotisiert auf die Kitsune zu. Jing versucht sie festzuhalten, damit sie stehen bleibt. Doch das ältere Mädchen geht unbeirrt weiter. Einige der Dorfbewohner schauen verwirrt und greifen ebenfalls nach Jiao, aber niemand schafft es sie zu stoppen. Die Zehnjährige bleibt vor der Kitsune stehen. Sieht sie mit großen, unschuldigen Augen an und sagt dann etwas in der fremden Sprache. Der Priester, der erst noch ein wenig genervt wirkte, sah jetzt neugierig auf das Mädchen herab. Die Kitsune geht vor dem Kind in die Knie um mit ihr auf Augenhöhe zu sein und antwortet. Jiao wirkt verwirrt und aufgeregt. Sie beginnt fröhlich drauf los zu plappern in der Sprache der heiligen Wesen und ihre Eltern werden unruhig. Jiaos Mutter flüsterte energisch mit dem Dorfältesten. Einige der Bauern werden ebenfalls nervös. Sie alle wissen was dies bedeutet. Das kleine Mädchen ist eine Shugenja.
Shugenja
Jing hatte immer schon gewusst dass sie seltsam war. Aber er hätte nie geglaubt dass sie so seltsam war. Die Kitsune nahm das Mädchen in die Arme und hob Jiao hoch. Es wirkte als wäre die junge Heimin leicht wie eine Feder. Jiao saß nun auf der Hüfte der weißen Fuchsfrau und wirkte glücklich. Jing hatte sie noch nie so strahlen sehen.
Plötzlich rannte die Frau des Dorfältesten auf die Kitsune zu und brach weinend und flehend vor der Kitsune zusammen. Jiao blickte auf ihre Mutter herab und versuchte sie zu beruhigen. Aber die Worte des Kindes erreichten die weinende Frau nicht. Der Priester redete mit ruhiger Stimme auf die Mutter des Kindes ein und erklärte ihr das Jiao keine einfache Heimin ist und es eine Verschwendung ihrer Gabe wäre, würde sie hier im Dorf bleiben. Natürlich war er dieser Meinung. Der aufgeblasene Priester verstand einfach nicht das jedes Paar Hände in diesem Dorf gebraucht wurde. Jing wurde wütend. Wütend auf die Frau des Dorfältesten, weil sie kein normales Mädchen zur Tochter hatte. Wütend auf Jiao weil sie ihren Mund nicht halten konnte und so ihre Gabe offenbart hatte. Wütend auf den Priester, weil er das Mädchen mitnehmen wollte. Wütend auf die Kitsune. Wütend auf sich selbst weil er nicht früher erkannte was der Priester beabsichtigte. Sein Dorf war klein und es lebten hier zu wenige Bauern für die umliegenden Felder. Darum mussten die Kinder helfen sobald sie gehen konnten. Und jetzt wollte der Priester ein Kind aus dem Dorf mitnehmen und sie zu einer Priesterin ausbilden. Noch mehr arbeit für die anderen im Dorf. Noch weniger Zeit um mit den anderen Kindern zu spielen.
Inari
Jiao streckte ihre Hand aus und die Kitsune legte ihre Hand auf die des Kindes. Ein silbriges Schimmern erschien um die Hände der beiden. Die Augen des Mädchens wurden groß. Als die Fuchsfrau ihre Hand entfernte erschien auf der des Mädchens eine Reispflanze. Jiao ließ sich von der Kitsune absetzen und ging auf die Mitte des Reisfeldes zu. Das Mädchen setzte die Pflanze ein, ging zum Rand des Feldes zurück, wandte sich dann dem Pflänzchen zu und sprach ein paar Worte in dieser seltsam klingenden Sprache. Der Priester sah Jiao zuerst mit hochgezogenen Augenbrauen an, dann stimmte er in den Singsang des Kindes ein. Das Feld füllte sich langsam mit klarem Wasser und es roch nach Regen, obwohl kein Tropfen vom Himmel fiel. Sobald das Wasser den Stand erreicht hat, den das Feld haben sollte, trat die Kitsune an das Feld heran. Die Fuchsfrau breitete ihre Arme aus und nach und nach erschienen rund um die erste Pflanze in der Mitte des Feldes weitere Reispflanzen.
Die Bewohner des Dorfes staunten über die Geschehnisse vor ihren Augen.
Die Kitsune ließ sich auf ein Knie herab und plötzlich stand vor der Fuchsfrau eine weitere Frau. Die Gestalt vor der Kitsune schwebt ein wenig über dem Boden, strahlt silbern und golden von innen heraus. Schwarzes Haar umschwebt sie, als wäre sie unter Wasser. Auf dem Hanfu der Frau erblühen und verblühen Reispflanzen.
Der Priester begibt sich sofort wieder in tiefer Verbeugung auf den Boten. Die Heimin folgen seinem Beispiel, nur Jiao bleibt stehen und schaut wie verzaubert das Wesen vor ihr an. Dann hört Jing das Flüstern des Mädchens. Es ist ein Wort das sie sagt. Der Name Inari. Jing hebt den Kopf an und betrachtet das Wesen noch einmal. Nun, er hatte sich Inari stets anders vorgestellt, aber der Reis auf ihrer Kleidung lässt durchaus darauf schließen dass es sich um die Erntegöttin des Reises handelt. Die Gestalt nickt langsam und lächelt Jiao an.
Segen der Göttin
Langsam wendet sie sich den Reisfeldern zu und hebt ihre Arme. Die Kitsune ist sofort an der Seite der Chi-Fukujin. Gemeinsam schweben sie von einem Reisfeld zum nächsten und eines nach dem anderen sind die Reisfelder bepflanzt und mit Wasser befüllt und die Setzlinge in den Händen der Bauern zerfallen zu Reiskörnern.
Als die beiden Frauen wieder zu dem Reisfeld, um welches die Bauern herum standen, zurückkehrten, lächelte Inari den Priester und das Mädchen an und verschwand ebenso plötzlich wie sie erschienen war. Die Kitsune verwandelte sich wieder in einen Fuchs zurück, schleckte noch einmal über das Gesicht Jiaos und lief dann über das Feld hinweg auf die einzelne Wolke im HImmel zu. Es dauert einige Momente bis die Bewohner des Dorfes wagten sich wieder zu erheben. Der Priester begann seine Utensilien zusammen zu packen und ging dann mit Jiao zu ihrem Haus. Das Mädchen kam mit einem kleinen Bündel heraus, verabschiedete sich von ihren Eltern und verließ mit dem Priester das Dorf.
Jing verstand immer noch nicht so recht was hier passiert war. Aber er begann seine Meinung über die Existenz der heiligen Wesen noch einmal zu überdenken.
Nur den Priester mochte er immer noch nicht.
Ankunft
Der Priester begann seine Utensilien zusammen zu packen und ging dann mit Jiao zu ihrem Haus. Das Mädchen kam mit einem kleinen Bündel heraus, verabschiedete sich von ihren Eltern und verließ mit dem Priester das Dorf.
Wochen später kamen die beiden in einer großen Stadt an. Es war eine lange Reise. Der Priester brachte das Mädchen in den Tempel, wo sie ein Zimmer zugeteilt bekam und warten sollte. Jiao vermisste ihre Familie. Ihr Dorf. Aber der Priester sagte sie sei auserwählt und würde eine neue Familie bekommen. Eine neue Familie und eine Ausbildung um ihre Gabe nutzen zu können. Sie war von Inari berührt worden. Jiao hatte mit der Glücksgöttin des Reis gesprochen. Die Felder waren von ihr gesegnet worden und danach hatte der Priester das junge Mädchen mitgenommen. Jiao fragte sich was wohl passiert wäre, hätte sie nein gesagt. Doch die Gedanken an diese Frage beschäftigten sie nicht lange, denn das Mädchen aus dem Dorf sah etwas. Eine Bewegung vor ihrer Zimmertüre. Jiao stand auf und sah nach. Doch war sie zu langsam. Was auch immer gerade vor der Tür des Mädchens war, lief gerade um die Ecke im Gang. Sie blickte noch einmal in ihr Zimmer zurück und rannte rann hinterher. Jiao wollte wissen was das war. Sie war neugierig und so folgte sie dem Wesen hinaus aus dem Gebäude auf den Innenhof des Tempelgeländes.
Hier, im Licht der Sonne, schillerte das Fell des Tieres silbern. Zwei flauschige Schweife zuckten unruhig. Das Tier war plötzlich stehen geblieben und sah Jiao mit neugierigen Augen an.
"Bist du ein Kitsune", fragte das Mädchen leise, aus Angst das Tier zu erschrecken. Der Fuchs nickte und setzte sich. Jiao ging auf das Tier mit dem silbernen Fell zu und streckte vorsichtig die Hand aus. Doch noch bevor das Mädchen den Kitsune berühren konnte, schreckte der Fuchs auf und lief weg. Eine Miko kam gerade auf Jiao zu, welche noch enttäuscht in die Richtung sah, in die der kleine Fuchs verschwunden war.